Gender Budgeting – übersetzt etwa mit „geschlechterbewusste Haushaltsführung“, ist ein wichtiges eigenständiges Thema der Strategie Gender Mainstreaming (Gleichstellung von Frauen und Männern). Hierbei werden jedoch nicht nur Gleichstellungsziele verfolgt, es geht auch darum, sichtbar zu machen, inwieweit staatliche Ausgaben Männern und Frauen zugute kommen und inwieweit das Steuersystem Männer und Frauen belastet oder bevorzugt.
Auf Grund eines fraktionsübergreifenden Antrags führte nun der Finanzausschuss und der Sozialausschuss des Landtags von Baden-Württemberg eine öffentliche Anhörung zu diesem Thema durch. Hierbei führte Prof. Dr. Christine Färber von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg, in die Thematik ein. Klaus Feiler von der Senatsverwaltung für Finanzen aus Berlin berichtete über die dortigen Erfahrungen. Allgemeines zum Gleichstellungsprozess und ihre speziellen Erfahrungen in Köln erläuterte abschließend Dr. Elisabeth Stiefel.
Der Haushalt als zentrales Machtinstrument neben der Gesetzgebung – Prof. Färber erläuterte sehr anschaulich an Beispielen wie durch unterschiedliche Prioritäten unterschiedliche Bevölkerungsgruppen bevorzugt oder benachteiligt werden. Sind z.B. kulturelle Themen eher ein Bedürfnis für Frauen, so kann man Fußballstadien eher als Bedürfnis von Männern sehen. Bei Maßnahmen zur Überwindung von Arbeitslosigkeit stellte die Referentin als weiteres Beispiel fest, dass langwierige, teure Maßnahmen eher in die weniger benachteiligte Gruppe der Männer fließen. Hier muss nachgefragt werden, ob dies so sinnvoll ist. Eine Begründung für das Vorgehen wird notwendig. Es zeigt sich also, dass durch das Gender Budgeting die Wirkung der Ausgaben qualitativ überprüft wird. Bei Kürzungen wird hinterfragt, wem diese am meisten schaden. Bisher wird nach Abschluss des Haushaltsjahres die Einhaltung der Planansätze kontrolliert. Gerade in Zeiten knapper Kassen ist es aber umso wichtiger, festzustellen, ob die Ausgaben auch den gewünschten Effekt erzielten. In diese Richtung geht das Gender Budgeting. Bei Aufstellung des Haushaltsplans werden auch Ziele festgelegt. Nach Abschluss des Haushalts werden diese überprüft und gegebenenfalls gegengesteuert. So zählte Prof. Färber als Nutzen der Methode die Transparenz des Haushalts und die Verdeutlichung von Umsteuerungspotential nicht nur, aber auch unter Gleichstellungsmerkmalen auf.
Wie nun das Gender Budgeting Schritt für Schritt in die Haushaltsplanung Einzug halten kann zeigte Klaus Feiler an Beispielen aus Berlin. Hier hatte man festgestellt, dass die öffentlichen Bibliotheken praktisch keine Jungen ansprachen. Nachdem auch andere Medien angeschafft wurden, erhöhte sich der Anteil der männlichen Leser (auch von Büchern) signifikant. Im Bereich des Sports wurde festgestellt, dass Jungen eher Fußballplätze, Mädchen eher Sporthallen nutzen. Auch die Attraktivität der Spielplätze hängt je nach Gestaltung vom Geschlecht der Nutzer ab. Es gehe jedoch nicht, so Feiler, darum, jeweils 50% für Frauen und 50% für Männer zur Verfügung zu stellen. In manchen Bereichen sind Frauen, in anderen Bereichen sind Männer überrepräsentiert. Hinterfragt werden müsse vielmehr, ob die Verteilung so gewollt ist. Um dies zu erreichen, hat Berlin mit dem Haushalt 2004/05 mit dem Gender Budgeting begonnen. Untersucht wurden zuerst die Zuweisungen an Dritte, da hier die Zahlen, was die Haushaltsmittel bewirken, am leichtesten zu erhalten sind. Betroffen hiervon sind insbesondere die Bereiche Jugend, Fortbildung und Sport. Nach und nach sollen dann weitere Bereiche mit einbezogen werden.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass Gender Budgeting zusätzliche qualitative Steuerungskriterien für die Verwendung öffentlicher Mittel entwickelt. Durch dieses Arbeitsprinzip wird auch gerade danach gefragt, wie die Vergabe der öffentlichen Mittel tatsächlich eine Gleichberechtigung von Frauen und Männern unterstützt. Mit Einführung des Gender Budgetings kommt es insbesondere zu mehr Transparenz in den öffentlichen Haushalten. Bei Verabschiedung der Planzahlen muss sich gleichzeitig gefragt werden, was eigentlich mit den Mitteln bezweckt werden soll. Und anschließend muss überprüft werden, ob diese Ziele erreicht wurden. Gerade in Zeiten knapper Kassen ist dies eine Chance, bewusster und zielorientierter mit den öffentlichen Mitteln umzugehen. FE