Donnerstag, 11. Februar 2010

Die Chefsessel in der Landesverwaltung bleiben von Männern besetzt

Landesfrauenrat: Pressemitteilung vom 9.2.2010
Das Chancengleichheitsgesetz droht zu scheitern.In den Chefetagen der Landesministerien gibt es immer weniger Frauen, obwohl die gesetzlichen Vorgaben anders lauten. „Seit 2005 soll das Landesgleichberechtigungs-gesetz dafür sorgen, dass Frauen der Weg in die Chefetagen der Landesverwaltung geebnet wird. Die Ministerien waren dabei in ihrer Vorbildfunktion besonders gefragt. Doch immer noch stoßen die Frauen hier an die gläserne Decke“, kritisiert die erste Vorsitzende des Landesfrauenrats (LFR), Angelika Klingel. Die Antwort auf eine parteiübergreifende Landtagsanfrage brachte kürzlich Licht ins Dunkel und ist alarmierend für den Landesfrauenrat (LFR), dem Sprachrohr von mehr als zwei Millionen verbandlich organisierten Frauen in Baden-Württemberg. Werde diese Beförderungspraxis beibehalten, so Klingel, betrage der Frauenanteil in den Ministerien in absehbarer Zeit auf der ersten Führungsebene (A 16) nur 20 % und auf den höheren Führungsebenen (B 3 und B6) sogar nur 10 %.
Die Ergebnisse zeigen, dass in den Jahren 2005 bis 2008 durchschnittlich in allen Ministerien 2,3-mal mehr Männer als Frauen in die Besoldungsgruppe A15 befördert wurden. Im Umweltministerium und im Innenministerium wurden sogar 5,5- bzw. 4,5-mal mehr Männer als Frauen nach A15 befördert. Mit 3,5-mal mehr Beförderungen von Männern als Frauen in die erste Führungsebene A16 (z. B. Referatsleitung) wird die Benachteiligung der Frauen gleichfalls deutlich. In die nächst höhere Führungsebene B3 wurden sogar 7,1-mal mehr Männer als Frauen befördert. Besonders hoch war der Anteil beförderter Männer im Innenministerium, hier wurden 24 Männer und nur eine Frau nach B3 befördert. Im Umweltministerium wurden ausschließlich Männer befördert und im Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum wurden 8-mal mehr Männer als Frauen befördert. In die Führungsebene B6 aller zehn Ministerien wurden insgesamt 6-mal mehr Männer befördert.
An der mangelnden Qualifikation der Frauen liegt es nicht. Betrachtet man die Trendentwicklung im Zeitraum 2005 bis 2008, so ist für die Besoldungsgruppe A15 der Anstieg bei den Frauen tatsächlich etwas stärker gewesen als bei den Männern. Bei der Beförderung in die Führungspositionen A16 und B3 wurden allerdings mehr Männer befördert, d.h. die Situation für Frauen hat sich tendenziell verschlechtert. Auch für die Beförderung nach A16 lässt sich nicht von verbesserten Beförderungschancen der Frauen reden.
Wirkungslos zeigt sich für Angelika Klingel das Chancengleichheitsgesetz auch an anderer Stelle: „Es ist erstaunlich, dass es in den untersuchten vier Jahren in den Ministerien nur zehn Fälle von Beanstandungen bei der Stelle für Chancengleichheit gab. Nach § 22 des Chancengleichheitsgesetzes können Frauen dadurch vor einer offensichtlichen Benachteiligung geschützt werden – wenn dieses Instrument auch eingesetzt wird.“
Die besten Studienabschlüsse werden zu mehr als 50 % von Frauen abgelegt; in der Landesverwaltung hingegen sind Frauen in nur knapp 15 % der Führungspositionen vorzufinden.
Hier sieht Angelika Klingel den künftigen Ministerpräsidenten Mappus am Zug: „Gerade in Krisenzeiten ist es für die Leistungsfähigkeit einer Verwaltung entscheidend, ob ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis vorliegt. In der jüngsten Wirtschaftskrise wird von Wissenschaftlern die Gleichförmigkeit männlicher Führungsgremien sogar als Weg ins Desaster angesehen. Aktuelle Studien über gemischte Führungsteams in europäischen Konzernen zeigen, dass mehr Frauen an der Firmenspitze gleichbedeutend sind mit mehr wirtschaftlichem Erfolg und Stabilität.
Allerhöchste Zeit, dass auch die Verwaltung entsprechend umdenkt und auf das vorhandene Potential der Frauen zurückgreift.“
Der LFR fordert deshalb dringend eine Objektivierung der Auswahlverfahren, konkrete Zielvorgaben zur deutlichen Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen sowie regelmäßige Berichtspflichten.
Esther Peylo Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit des Landesfrauenrats Baden-WürttembergBei Rückfragen zu erreichen unter 0177/604 19192

Samstag, 6. Februar 2010

Sibylle Laurischk, MdB: Genitalverstümmelung muss in Deutschland konsequent verfolgt und geahndet werden

BERLIN. Zum Internationalen Tag gegen Genitalverstümmelung erklärt die Vorsitzende des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Sibylle LAURISCHK, die auch stellv. Vorsitzende der LiF Baden-Württemberg ist:

Die Genitalverstümmelung ist eine der schwerwiegendsten Menschenrechts-verletzungen an Frauen und Mädchen. 4000 Mädchen in Deutschland sind durch die grausame Praktik gefährdet, 20.000 Frauen nach Schätzungen von Nichtregierungsorganisationen betroffen. Die Verstümmelung der äußeren Genitalien von Mädchen und Frauen ist eine
Menschenrechtsverletzung, unter deren Folgen die Frauen ihr Leben lang leiden. Die von Genitalverstümmelung bedrohten Frauen und Mädchen brauchen daher unsere Auf-merksamkeit und Unterstützung. Dies gilt insbesondere für Erzieher, Lehrer, Ärzte, Polizisten und Mitarbeiter von Beratungsstellen, Jugendämtern und Ausländerbehörden. Das Thema muss Eingang finden in die Lehrpläne und Curricula der angesprochenen Berufe, denn Genitalverstümmelung muss als Problem bekannt sein. Notwendig sind auch eine ausreichende Zahl von Schutzräumen für die von Genitalverstümmelung bedrohten Frauen und Mädchen.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat sich regelmäßig gegen die Praktik der Genitalver-stümmelung ausgesprochen und Präventivmaßnahmen gefordert. Der Deutsche Bundestag hat das Problem frühzeitig erkannt und auch reagiert. Mit dem Ruhen der Verjährung bis zum Erreichen der Volljährigkeit in Fällen von Misshandlung von Schutzbefohlenen ist eine Strafverfolgung bis zum 28. Lebensjahr der Betroffenen möglich. Die Verjährung schützt die Täter nicht länger. Ein gesetzliches Vorgehen gegen Genital-verstümmelung mit einem eigenen Straftatbestand könnte ein wichtiges Zeichen sein und zeigen, dass die Leiden der Frauen und Mädchen nicht länger hingenommen werden. Auch würde die ausdrückliche Erwähnung im Gesetz abschreckend wirken.

Donnerstag, 4. Februar 2010

LFR: Längeres gemeinsames Lernen in Baden-Württemberg und individuelle Förderung

Die Halbjahreszeugnisse stehen an. In diesen Tagen bricht in vielen Familien besonders mit Viertklässlern große Unruhe aus: welche Grundschulempfehlung wird mein Kind erhalten, wird es den Sprung aufs Gymnasium schaffen? Oder doch auf die Hauptschulstrecke geschickt werden, die selbst bei vielen 9-Jährigen schon als „Verliererstrecke“ im Bewusstsein ist? Der frühe Zwang zur Bildungsentscheidung wird weder den individuellen Lern- und Entwicklungsprozessenn der Kinder gerecht, noch vielen Eltern, die er häufig überfordert. Davon ist der Landesfrauenrat Baden-Württemberg überzeugt. Mit ihren 53 Mitgliedsverbänden gehört die Arbeitsgemeinschaft der Frauenverbände des Landes zu den gesellschaftlichen Gruppen, die seit Jahren ihre Stimme für eine grundlegende Bildungsreform in Baden-Württemberg erheben.

Gleichzeitig erinnert der Landesfrauenrat in seiner Pressemitteilung vom 3.2.2010 an seinen Beschluss „Länger gemeinsam lernen in Baden-Württemberg“ vom November 2009:
Die Lobby der Frauen / Landesfrauenrat Badenwürttemberg fordert die Landesregierung und insbesondere Kultusminister Helmut Rau auf, in Baden-Württemberg noch in dieser Legislaturperiode eine Gesetzesgrundlage fürlängeres gemeinsames Lernen mit indi-vidueller Förderung an den Schulen in Baden- Württemberg zu schaffen. Statt der frühen Trennung der Kinder nach der vierten Klasse soll eine schrittweise Umsetzung zu einer Schule, in der Kinder gemeinsam bis zur 9. Klasse lernen, erfolgen. Dazu Angelika Klingel, Erste Vorsitzende des LFR: „Der Landesfrauenrat begrüßt die grundsätzliche Absicht des Kultusministeriums, die individuelle Förderung verstärkt in den Blick zu nehmen und das Lernen im Unterricht auf die Bildungsbedürfnisse und den Bildungsanspruch mit Kindern unterschiedlicher Lern-voraussetzungen zuzuschneiden. Wir bezweifeln jedoch, dass dies unter der Bedingung eines vielgliedrigen allgemeinbildenden Schulsystems und einer derart früh erfolgenden Schulweg-Entscheidung erfolgreich gelingen kann.“