Donnerstag, 24. Februar 2011

Offener Brief an den FDP-Bundesvorsitzenden Dr. Guido Westerwelle, MdB

22. Februar 2011
Nach 24 Jahren ergebnisloser Versuche: Die Selbstverpflichtung reicht nicht! Wir fordern eine Quote von 40 Prozent Frauen in allen Gremien der Freien Demokratischen Partei!

Sehr geehrter Herr Dr. Westerwelle,

die FDP hat ein Problem – zu wenige Frauen!

Wir, die unterzeichnenden Mitglieder des „Spreekreises – liberale Frauen pro Quote“, der Bundesvereinigung LIBERALE FRAUEN e.V. und der FDP, begrüßen den Bundesvorstands-beschluss vom 7. Februar 2011 „Neue Chancen für Frauen – Potenziale erschließen, Fairness erreichen.“ Wir vermissen darin jedoch jede verbindliche Festlegung auf eine konkrete Erhöhung des Frauenanteils in den Gremien der FDP.

Wir stellen fest: Seit 1987 gibt es in unserer Partei immer wieder sogenannte freiwillige Selbstverpflichtungen zur Steigerung des Frauenanteils in Gremien und Parlamenten. Seitdem aber sinkt der Frauenanteil kontinuierlich. Wir wollen nicht zusehen, dass eine weitere Generation von liberal denkenden Frauen schwindende Beteiligungschancen vorfindet.

Der weibliche Nachwuchs wird bereits bei Wahlen zu Orts- und Kreisvorständen und bei Delegiertenwahlen entmutigt und durch Männer beiseite gedrängt. Beispiele hierfür sind zahlreich. Ursprünglich liberal gesinnte Wählerinnen finden auf diese Weise immer weniger liberale Rollenvorbilder, die ihr Interesse wecken und mit denen sie sich identifizieren können. Als Folge wenden sie sich von uns ab.

Wir stellen fest: Wer weibliche Quoten ablehnt, muss konkrete und wirksame Alternativen aufzeigen. Diese vermissen wir, denn den Beweis, dass es in der FDP ohne feste Vorgaben geht, ist die Partei bisher schuldig geblieben. Daran liegt es wohl auch, dass laut einer Umfrage von Infratest dimap 52 Prozent der FDP-Wählerinnen FÜR die Frauenquote sind (siehe Welt am Sonntag vom 13. Februar 2011).

Wir stellen fest: In den vergangenen 24 Jahren der Beschwörung der Freiwilligkeit ist der Frauenanteil unter den Mitgliedern rückläufig. Im Jahr 1987 betrug er noch 25 Prozent, 2003 lag er bei 23 Prozent, inzwischen ist er auf 22 Prozent gefallen. Vor 30 Jahren lag die Freie Demokratische Partei mit ihrem Frauenanteil an der Spitze der Deutschen Parteien, inzwischen sind wir zum Schlusslicht geworden. Bei den Wahlergebnissen wird das deutlich.

Gemischte Teams sind nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sie sind auch eine große Chance im Wettbewerb der Parteien untereinander. Unsere Wettbewerber haben das inzwischen eingesehen. Viele von uns liberalen Frauen haben lange, allzu lange geglaubt, dass allein die Qualifikation entscheidet. Das hat sich leider als Irrtum erwiesen.

Wir stellen fest: Es gibt heute schon zahlreiche Quoten in der FDP – „Kurfürstenlisten“, Bezirkslisten, Landeslisten mit Bezirksproporz, Jugendquoten, Berufsquoten usw. In allen diesen Bereichen wird dies unangefochten für demokratisch erwünscht und für liberal gehalten.

Die „Berliner Morgenpost“ schrieb in einem Leitartikel am 31. Januar 2011 zum einstimmigen Quotenbeschluss der Liberalen Frauen Berlins: „Bisher hatte noch niemand eine bessere Idee, wie zu verhindern wäre, dass die Männerdominanz für Deutschland zu einem Nachteil wird, wie sie es für die FDP … in der Berliner Landespolitik bereits ist.“

Deshalb fordern wir: mehr weibliche Vorbilder, mehr Beteiligungschancen für Frauen in der FDP durch die Einführung einer Quote von 40 Prozent Frauen in allen Gremien der Partei.

Mit liberalen Grüßen
Die Mitglieder des „Spreekreises – Liberale Frauen pro Quote“
und weitere Unterstützerinnen und Unterstützer
Carola v. Braun
Koordinatorin des „Spreekreises“
Gründungsvorsitzende LIBERALE FRAUEN Berlin
ehem. Landesvorsitzende FDP Berlin

Dr. Barbara Bludau
Gründungsmitglied LIBERALE FRAUEN e.V.

Doris Buchholz
Bundesvorsitzende LIBERALE FRAUEN
Landesvorsitzende LIBERALE FRAUEN Saarland

Gabriele Heise
Bezirksvorsitzende LIBERALE FRAUEN Stuttgart
ehem. Landesvorsitzende LIBERALE FRAUEN Berlin

Dr. Frauke Jung-Lindemann
Landesvorsitzende LIBERALE FRAUEN Berlin

Dr. Silvana Koch-Mehrin MdEP
Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments
Vorsitzende FDP-Fraktion im Europäischen Parlament

Sibylle Laurischk MdB
ehem. Bundesvorsitzende LIBERALE FRAUEN

Ina Lenke MdB a.D.
ehem. Bundesvorsitzende LIBERALE FRAUEN

Susanne Manstein
Landesvorstand LIBERALE FRAUEN Berlin

Gesine Meißner MdEP
FDP-Abgeordnete im Europäischen Parlament

Petra Müller MdB
Landesvorsitzende LIBERALE FRAUEN NRW

Eva Parbs
stellv. Bundesvorsitzende LIBERALE FRAUEN
Landesvorsitzende LIBERALE FRAUEN Hamburg

Brigitte Pöpel
stellv. Bundesvorsitzende LIBERALE FRAUEN
Landesvorsitzende LIBERALE FRAUEN Hessen

Dr. Birgit Reinemund MdB
stellv. Bundesvorsitzende LIBERALE FRAUEN

Cornelia Schmalz-Jacobsen Senatorin a.D.
ehem. stellv. Bundesvorsitzende FDP
ehem. Generalsekretärin der FDP

Dr. Irmgard Schwaetzer
Gründungsvorsitzende und Ehrenvorsitzende
der LIBERALEN FRAUEN e.V.
Bundesministerin a.D

Mathia Specht-Habbel
Landesvorstand FDP Berlin

Alexandra Thein MdEP
stellv. Vorsitzende LIBERALE FRAUEN Berlin

Hanaa El-Hussein
Landesvorstand LIBERALE FRAUEN Berlin

Ursula von Langermann
LIBERALE FRAUEN Berlin

Antje Pieper
Justiziarin WDR a.D.
Medienrätin Berlin-Brandenburg a.D.
LIBERALE FRAUEN Berlin

Dr. Petra Weckel
Landesvorstand LIBERALE FRAUEN Berlin

Helga Witt-Kronshage
Vizepräsidentin Europäische Föderalismus-Akademie e.V.
LIBERALE FRAUEN Berlin

Rita Fromm MdB a.D.
Vorsitzende FDP-Fraktion im Gemeinderat Karlsruhe
Vorsitzende LIBERALE FRAUEN Mittelbaden

Ursula Thümler
Ehem. Vorsitzende Landesfrauenrat Niedersachsen e.V.
Gründungsvorsitzende und
Ehrenvorsitzende LIBERALE FRAUEN Niedersachsen

Dienstag, 15. Februar 2011

FDP-Bundesvorstandsbeschluss: Neue Chancen für Frauen

"Bereits 1987 hat die FDP einen Frauenförderplan beschlossen. Ziel war es, den Anteil der Frauen in den Führungspositionen entsprechend ihres Anteils an der Mitgliedschaft zu erhöhen. Er brachte zwar punktuelle Erfolge, die aber zu selten in der Breite der Partei ankamen. Deshalb sind die Wirkungen hinter den Erwartungen zurückgeblieben", so der Beschluss.

Am 7. Februar 2011 nahm der FDP-Bundesverstand einen neuen Anlauf. Seit Wochen diskutiert die Öffentlichkeit die Einführung einer Quote für Führungspersönlich-keiten bei DAX- und gleichartigen Unternehmen. "Unter dem Druck der negativen Bewertung einer solchen Quote durch Bundeswirtschaftsminister Brüderle und FDP-Generalsekretär Lindner, forderten führende Liberale Frauen, wie die LiF-Bundesvorsitzende Doris Buchholz, eine Positionsbestimmung des FDP-Bundesvorstands", erklärte dazu die Vorsitzende der Liberalen Frauen Mittelbaden Rita Fromm .

Auszüge aus dem Beschluss:
Der FDP-Bundesvorstand bestätigt deshalb seine bereits beschlossene Zielsetzung in der FDP als nächsten Zwischenschritt einen Anteil von 30 Prozent Frauen in Mitgliedschaft und unter den Funktions- und Mandatsträgern zu erreichen, so wie es im Präsidium mit 30 Prozent und im Fraktionsvorstand mit 45 Prozent bereits erreicht ist.

Der FDP-Bundesvorstand beschließt zur Erreichung dieser Ziele:

1. Die Bundesgeschäftsstelle
legt ab sofort zusätzlich zum Geschäftsbericht der Bundespartei im Zwei-Jahresturnus eine detaillierte Erfassung der Entwicklung des Frauenanteils in der Bundespartei, den Landesverbänden sowie des Anteils von Frauen in Führungs-positionen ausgewählter Gliederungsebenen und Gremien vor.
2. Das Mentoringprogramm
der FDP wird fortgesetzt, weiterentwickelt und bleibt solange auf Frauen konzen-triert, bis der Anteil weiblicher Mandats- und Funktionsträger zufriedenstellend ist.
3. Die FDP
führt in diesem Jahr eine Umfrage unter allen weiblichen Mitgliedern durch, um Potenzial, Interessen und Hürden für ein stärkeres Engagement zu ermitteln.
4. Für das laufende Jahr
plant die Bundespartei eine Umfrage unter Kreis- und Ortsverbänden zu politischen und organisatorischen Fragen. Die Beteiligung und Förderung von Frauen in der FDP
soll dabei besonders gewichtet werden, um Daten und Ideen zu sammeln sowie um die Problemsensibilität bei den Untergliederungen zu stärken.
5. Der Bundesvorstand
setzt unter Moderation der Bundesgeschäftsführerin eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Landesverbände Hamburg, Niedersachsen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein ein, die die höchsten Frauenanteile in den Landesvorständen ver-
zeichnen. Die Arbeitsgruppe wird gebeten, Erfahrungen auszutauschen und übertragbare Handlungsempfehlungen für andere Gliederungen bis zum Jahresende in einem Bericht an den Bundesvorstand vorzulegen.
6. Die FDP
bereitet eine Evaluation ihrer sprachlichen und werblichen Kommunikation vor. Dazu
wird insbesondere auch die geschlechtsspezifische Wirkung untersucht werden. Ziel ist es, von Frauen und Männern gleichermaßen als ansprechend empfundene Kommunika-tionsformen zu finden. Die FDP bemüht sich insbesondere um eine geschlechts-neutrale Sprache.
7. Die Bundespartei konzipiert auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse bis zum Jahresende eine professionelle Kampagne zur Gewinnung weiblicher Neumitglieder.
Der Bundesvorstand bittet Junge Liberale und Liberale Frauen eine gemeinsame Kampagne zur Gewinnung junger Frauen für die FDP zu konzipieren. Dabei kann auf Ergebnisse einer früheren Taskforce beider Vorfeldorganisationen zurückgegriffen werden.
8. Der Bundesvorstand
unterstreicht, dass Respekt und Offenheit den Umgang der beiden Geschlechter in der FDP prägen. Die FDP verurteilt jede Form von offener oder – etwa durch Humor oder Jovialität getarnter – versteckter geschlechtsspezifischer Diskriminierung.
9. Der Bundesvorstand
begrüßt, dass die Grundsatzkommission der FDP jüngst ein zusätzliches Programmforum „Zukunft der Emanzipation“ eingerichtet hat, das sich mit grundsätzlichen Fragen der Gleichstellung, Frauenförderung, Antidiskriminierung und gesellschaftlicher Vielfalt befasst.
10. Zur weiteren Akzentuierung
der Beratung des Programmforums „Zukunft der Emanzipation“ wird die Bundespartei regelmäßig Termine im Rahmen ihrer neuen Veranstaltungsreihe im Thomas-Dehler-Haus durchführen.
11. Die Landesvorstände
werden gebeten, gemeinsam mit ihren Gliederungen Möglichkeiten zu prüfen, Parteiveranstaltungen soweit als möglich frauen- und familienfreundlicher zu organisieren.
12. Die Bundesgeschäftsstelle
stellt zukünftig eine geschlechtsspezifische Informationen für Neumitglieder sicher. Frauen sollen gezielt und zentral auf Möglichkeiten der Netzwerkbildung und Förderangebote hingewiesen werden. Dazu gehören auch spezielle Seminare und Aktionstage „Neue Frauen in die Politik“.
13. Der Bundesvorstand
fordert alle Gliederungen zur Kooptierung einer Vertreterin der Liberalen Frauen in den jeweilige Vorständen auf, soweit dies noch nicht geschehen ist.
14.
Die Bundespartei
trägt dafür Sorge, dass auf der Website die Hinweise auf die Vorfeldorganisationen und der damit verbundenen Möglichkeiten des Engagements entsprechend deutlich dargestellt werden.
15. Der Bundesvorstand
befasst sich zweimal jährlich in einem gesonderten Tagesordnungspunkt mit
dem Stand der Umsetzung der eingeleiteten Maßnahmen. Dazu werden vorab entsprechende Berichte der Landesverbände erbeten. rfr